Zehn Jahre Vorbereitung

Die Übernahme von Elektro Schmitz ist ein Paradebeispiel dafür, dass Betriebsübergaben oft komplexer und langwieriger sind, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Als Elisabeth Bongen Schmitz 2014 beschloss, ihren über Jahrzehnte aufgebauten Elektroinstallationsbetrieb an ihre Tochter Verena Bongen-Schroller zu übergeben, schien das zunächst wie ein simpler Schritt. Denn über geeignete Nachfolger musste sie sich – anders als viele andere Inhaberinnen und Inhaber – keine Gedanken mehr machen.

Ein klarer Plan mit dem richtigen Partner 

Die übernahmemotivierte Tochter Verena – Marketingfachfrau und Betriebswirtin im Handwerk – arbeitete bereits seit mehreren Jahren im Betrieb. Sie verfügte über den betriebsspezifischen Horizont und unternehmerische Erfahrung. Da ihr jedoch die handwerkliche Qualifikation für die Übernahme eines zulassungspflichtigen Handwerks fehlte, stand fest: „Den Betrieb übernehme ich nicht allein. Ich brauche jemanden an meiner Seite, der mir nicht nur bei der technischen Umsetzung hilft, sondern auch strategische Ideen mitbringt.“ Mit Stephan Kölbl, einem erfahrenen Elektrotechnikermeister und langjährigen Mitarbeiter des Unternehmens, fand sie den perfekten Partner. Dennoch erforderte das Vorhaben von den beiden angehenden Unternehmern eine sorgfältige Vorbereitung und einen langen Atem.

„Den Betrieb übernehme ich nicht allein. Ich brauche jemanden an meiner Seite, der mir nicht nur bei der technischen Umsetzung hilft, sondern auch strategische Ideen mitbringt.“

-Verena Bongen-Schroller

Frühzeitiger Rat und erste Hürden 

Der Familienbetrieb, der neben klassischen Elektroinstallationsarbeiten auch ein Ladengeschäft für Haushaltsgeräte, Fernseher und HiFi-Elektronik betrieb, stand zwar solide da – aber die Betriebsstrukturen waren in die Jahre gekommen. Zudem hatte ein befreundetes Unternehmen bei einer Übernahme massive Probleme bekommen. Ähnliche Schwierigkeiten sowie steuerliche und sonstige Stolperfallen wollte Elisabeth Bongen Schmitz bei ihrer Übergabe auf jeden Fall vermeiden. Schon frühzeitig suchte sie daher Rat bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Schon bald erwies sich dies als kluge Entscheidung, denn die Steuerfragen sollten sich in ihrem Fall als die größten Hürden erweisen. „Den Rat von Experten einzuholen war von unschätzbarem Wert. Ich fühlte mich über den gesamten Prozess von der Handwerkskammer hervorragend beraten“, erinnert sich Elisabeth Bongen Schmitz.

Der steinige Weg zur betrieblichen Erneuerung

In zahlreichen Gesprächen mit der Handwerkskammer und Steuerberatern gelang es Elisabeth, den Betrieb an die moderne Zeit anzupassen: Das Ladengeschäft wurde renoviert, steuerliche Optimierungen wurden herausgearbeitet und schließlich entschieden sich Verena und Stephan auch noch dazu, den Betrieb in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln. Dieser Schritt bedeutete zwar zusätzlichen bürokratischen Aufwand, der die Übernahme in die Länge zog. Er brachte ihnen aber auch steuerliche Vorteile und sorgte für eine klare Regelung der Zusammenarbeit. Selbst als unerwartete wirtschaftliche Probleme auftraten und die Bankverhandlungen ins Stocken gerieten, blieben die künftigen Übernehmer hartnäckig und kämpften für ihre Selbstständigkeit. Ihre Entschlossenheit führte zum Erfolg: Nach zehn Jahren Vorbereitung gründeten Verena und Stephan 2024 die GmbH & Co. KG und übernahmen den Betrieb offiziell.

„Wenn wir eins gelernt haben, ist es die Hoffnung nicht aufzugeben und dranzubleiben – es gibt nichts, was es nicht gibt!“

– Verena Bongen-Schroller und Stephan Kölbl

Eine Lektion in Geduld und Partnerschaft 

Die Geschichte von Verena und Stephan ist eine Lektion für alle, die sich mit einer Gründung oder Betriebsübernahme beschäftigen: Geduld, Durchhaltevermögen und die richtigen Partner sind der Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn der Weg oft steiniger und länger ist, als man erwartet, lohnt es sich, nicht aufzugeben. Für Verena und Stephan stehen nun die nächsten Schritte an: Die Modernisierung des Betriebs und die Gewinnung von qualifiziertem Fachpersonal soll vorangetrieben werden, um den wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. „Wenn wir eins gelernt haben, ist es die Hoffnung nicht aufzugeben und dranzubleiben – es gibt nichts, was es nicht gibt!“


Mit Liebe gebacken

Knapp zwei Generationen liegen zwischen Yvonne Wieschermann und ihrem früherem Chef Uwe Schmidt und beide vereint die Liebe zum Bäckerhandwerk. Mit 23 Jahren übernahm die sehr engagierte und wissbegierige Bäckermeisterin eine alteingesessene Bäckerei in Velbert. Davor hatte sie in kürzester Zeit zwei Ausbildungen und eine Weiterbildung absolviert: Zunächst erfolgte eine Bäckerlehre mit einem Abschluss als Top-Absolventin. An diese schloss sich eine Ausbildung zur Konditorin an. Damit nicht genug: Der Besuch der Vollzeit-Meisterschule in der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Olpe folgte nahtlos. Seit Dezember 2022 – noch vor Vollendung ihres 23. Lebensjahres – kann sich Yvonne Wieschermann stolz Bäckermeisterin nennen. Dieser Erfahrungsschatz und Mut führten sie schließlich zu Übernahmeverhandlungen mit dem bisherigen Inhaber Uwe Schmidt.

Keine Zeit zu verlieren

Nach jahrzehntelanger Arbeit war für Yvonne Wieschermanns damaligen Ausbilder der Zeitpunkt gekommen, seinen Betrieb abzugeben. Zeitgleich neigte sich die zweite Ausbildung von Yvonne Wieschermann in einer Velberter Konditorei dem Ende zu, der Kontakt zu Herrn Schmidt bestand weiterhin. „Dann gehst du jetzt am besten auf die Vollzeitschule und machst den Meister, im Anschluss kannst du meinen Laden sofort übernehmen“. So oder so ähnlich lautete die Aussage des damaligen Betriebsinhabers, kann sich Wieschermann erinnern. Diese Lösung ergab sich, weil Bäckermeister Schmidt ihr Engagement sowie ihre sehr guten Leistungen kannte und zu schätzen wusste. Sie sagt dazu ergänzend: „Viel Zeit zum Überlegen blieb da für mich nicht. In meinen jungen Lebensjahren den Traum einer Selbstständigkeit leben zu können – das war Antrieb genug für mich, nicht lange über das Angebot nachzudenken!“ Nach der Erstellung des Übernahmekonzepts sendete die Bank gleich nach dem ersten Gespräch positive Signale für eine Finanzierung. Mit Unterstützung der betriebswirtschaftlichen Beratung der Handwerkskammer Düsseldorf wurde zudem die Meistergründungsprämie NRW beantragt und schnell bewilligt. Mit dem druckfrischen Meisterbrief in der Tasche und voller Tatendrang war es dann bereits im März 2023 soweit: Die Betriebsübernahme erfolgte und Yvonne Wieschermann startete in ihre Selbstständigkeit.

“In meinen jungen Lebensjahren den Traum einer Selbstständigkeit leben zu können – das war Antrieb genug für mich, nicht lange über das Angebot nachzudenken” -Yvonne Wieschermann

Knapp eineinhalb Jahre später beschäftigt sie drei Gesellen, drei Verkäuferinnen in Teilzeit sowie eine Aushilfe. Das stets angenehme Arbeitsklima, aber auch die positive Grundeinstellung der jungen Unternehmerin helfen ihr bei den Herausforderungen ihrer selbstständigen Tätigkeit – dies ganz besonders in Zeiten des Fachkräftemangels, der im Lebensmittelhandwerk enorm ausgeprägt ist. Somit steht ein motiviertes und kompetentes Team in Verkauf und Produktion des Brotkörbchens bereit, den Menschen in Velbert und Umgebung handwerklich hochwertige und stets mit Liebe gebackene Produkte anzubieten.

Die Herausforderungen: Investitionen und Energiekosten

Doch ganz ohne Sorgen ist auch Yvonne Wieschermann nicht: Selbstverständlich konnten nach der Übernahme noch nicht sofort alle weiteren, aber gewünschten und sinnvollen, Investitionen umgesetzt werden. „Zunächst wollte ich das erste Jahr gut überstehen und in meine neue Rolle hineinwachsen“, sagt die junge Unternehmerin. „Das finanzielle Risiko sollte überschaubar bleiben.“ Aufgrund ihres jungen Lebensalters war das Projekt Betriebsübernahme ohnehin ein „Herantasten an eine komplett neue berufliche Situation“, so Wieschermann. Aber Pläne für eine Weiterentwicklung des Brotkörbchens liegen bereits in der Schublade, denn in Kürze steht ein Austausch der Verkaufstheke an. Daneben soll ein Ladenbackofen für neue Erlebnisse bei der Kundschaft sorgen und deren Bindung festigen. Für den gesamten Verkaufsbereich ist mittelfristig eine modernere Gestaltung geplant. Des Weiteren soll eine Social-Media-Kampagne auf den Weg gebracht werden und auch die Produktion eines Imagevideos ist eine sehr aktuelle Idee. „Vielleicht gelingt es mit diesen Maßnahmen noch einen Ausbildungsplatz im Brotkörbchen zu besetzen, schließlich fehlt es an Nachwuchs in unserer Branche“, gibt sie zu bedenken. Überhaupt ist Yvonne Wieschermann kreativ und voller Ideen. Parallel zu den vorgenannten Projekten tüftelt sie schon an einer umfassenden Erweiterung ihrer Angebotspalette. Dabei kreisen ihre Gedanken rund um die Entwicklung nachhaltiger Lebensmittel und der Einführung von veganen Lebensmitteln und/oder Bio- bzw. Vollkornprodukten. „Ich will und muss am Puls der Zeit bleiben“, sagt sie sehr motiviert und blickt optimistisch in die Zukunft.


Übernahme mit Fingerspitzengefühl

Mit seinen 39 Jahren, einer längeren Tätigkeit im Betrieb seines Vaters und der Meisterprüfung fühlte sich Sebastian Kluth fachlich hervorragend auf die Selbstständigkeit vorbereitet. Dennoch beschäftigen ihn seit längerer Zeit viele Ideen, mit denen er den Betrieb für die Herausforderungen der Zukunft weiterentwickeln und den Fortbestand sichern möchte. Schließlich trägt er als Betriebsinhaber nun Verantwortung für seine Mitarbeitenden – darunter auch seine Frau, seine Mutter und sein Onkel.

„Ich arbeite schon seit langem in unserem Familienbetrieb. Mir ist wichtig, dass ich in meinen Entscheidungen nicht betriebsblind vorgehe.“
– Sebastian Kluth

Vorbereitung durch Coaching

Bereits ein Jahr vor der eigentlichen Übernahme suchte sich Sebastian Kluth Unterstützung bei der Handwerkskammer. Im Rahmen der Nachfolgeakademie bereitete er sich gemeinsam mit anderen Betriebsübernehmerinnen und -übernehmern auf die unternehmerische Tätigkeit vor. Von praxiserfahrenen Referentinnen und Referenten erfuhr er unter anderem, wie er den Unternehmensalltag optimal organisiert, was bei der Übernahme und Führung von Mitarbeitenden wichtig ist und mit welchen Marketing-Instrumenten ein Betrieb bei potenziellen Kunden und Mitarbeitenden sichtbar wird. Außerdem konnte er sich mit anderen Nachfolgerinnen und Nachfolgern austauschen und deren Vorgehen kennenlernen.

„Besonders geholfen hat mir, dass ich mich anschließend mit individuellen Fragen an einen betriebswirtschaftlichen Berater der Handwerkskammer wenden konnte. Er hat mir viel in Sachen Betriebsführung erklärt, sodass ich mich nun viel sicherer im Umgang mit kaufmännischen Fragestellungen fühle.“
– Sebastian Kluth

Konkret ging es bei der Beratung nicht nur um Finanzierungsfragen, Kalkulation und Stundenverrechnungssätze. Auch durchaus schwierige Fragen im zwischenmenschlichen Bereich mussten gelöst werden. „Da hat man als Chef manchmal eine andere Perspektive. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen.“

Zwischenfazit

Nach über einem Jahr in der Selbstständigkeit zieht Sebastian Kluth eine erste Bilanz: „Die gute Vorbereitung und Unterstützung haben mir den Schritt in die Selbstständigkeit erleichtert. Natürlich verändert sich der Umgang mit den Mitarbeitenden, wenn man Chef wird. Und auch persönlich verändert man sich. Die neuen Aufgaben und Herausforderungen haben dazu geführt, dass ich mich weiterentwickelt habe. Ich habe gelernt, dass man sich bei der Abgrenzung von familiären und betrieblichen Aspekten Zeit geben muss, die eigene Linie zu finden. Dennoch war mir immer wichtig, dass die traditionellen Werte des väterlichen Betriebes ihren Stellenwert behalten.“


Eisern ans Ziel

Martin von der Linden absolvierte eine Ausbildung als Metallbauer und war anschließend weitere vier Jahre als Facharbeiter in seinem Ausbildungsbetrieb tätig. Er erweiterte damit seine praktische Erfahrung in der handwerklichen Verarbeitung von Metallkonstruktionen, Brandschutztüren und Fassaden. Über verschiedene Tätigkeiten mit zunehmender Aufgabenverantwortung war er zuletzt als Montageleiter mit Personalverantwortung in einem metallverarbeitenden Industriebetrieb tätig. Die Meisterschule zum Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik absolvierte er nebenberuflich in der Abendschule. Weitere Qualifikationen zum Schweißfachmann und zum Betriebswirt im Handwerk schlossen sich an.

Vermittlung über die Unternehmensbörse

Schon früh reifte in Martin von der Linden die Überlegung, den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen: 2019 stand er sogar kurz vor der Übernahme eines Metallbaubetriebes. Die Verhandlungen scheiterten jedoch, weil sich der Übergeber kurzfristig von seinem Vorhaben verabschiedet hatte. Der Kontakt zum Abgeber kam damals über die bundesweite Unternehmensbörse nexxt-change zustande. Dort hatte Martin von der Linden ein Suchprofil eingestellt, welches er auch nach dem ersten Übernahmeversuch aufrechterhielt. 2022 erfuhr er über die Unternehmensbörse von dem Verkaufsangebot der Metallfabrikate Lucas GmbH, die mit rund zwanzig Mitarbeitenden herausfordernde Projekte hauptsächlich aus dem Fenster- und Fassadenbereich, aber auch aus dem Stahlbau umsetzt.

Persönliches Kennenlernen

Über den Betriebsberater der Handwerkskammer wurde Ende 2022 ein erstes Treffen im Betrieb mit dem abgebenden Unternehmer Frank Boss organisiert. „Wir arbeiten hauptsächlich an und in öffentlichen Gebäuden wie zum Beispiel Schulen, aber auch für Generalunternehmer oder Städte und Gemeinden“, erläutert Alt-Inhaber Frank Boss. Das gefiel dem potenziellen Nachfolger, der die Tätigkeitsfelder des Unternehmens bereits in seinem Lehrbetrieb intensiv kennengelernt hatte. „Das ist ein Unternehmen nach meinem Geschmack,“ so Martin von der Linden. „Wo dieser Betrieb unterwegs ist, kann ich mir gut meine Zukunft vorstellen.“ Gemeinsam mit dem Berater der Handwerkskammer bereitete er sich alsbald auf die Finanzierungsgespräche mit der Bank vor. Dazu erstellte er einen Businessplan und eine Planungsrechnung. Die Unterlagen reichte er bei der Hausbank der Firma Lucas ein. Und – aufgrund des hohen Finanzierungsvolumens – auch bei der Bürgschaftsbank NRW, mit der er frühzeitig ein Beratungsgespräch geführt hatte.

„Das ist ein Unternehmen nach meinem Geschmack. Wo dieser Betrieb unterwegs ist, kann ich mir gut meine Zukunft vorstellen.“

Martin von der Linden

Klärung rechtlicher Fragen

Einzelfragen zur Übertragung aller Anteile der GmbH sowie die steuerrechtlichen Konsequenzen besprach der Übernehmer mit Steuerberatern. Zudem schaltete Martin von der Linden einen Fachanwalt für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht ein. Aus steuerlichen Gründen wurde eine Holdinglösung gewählt, auf dieser Basis die Vertragsentwürfe ausgearbeitet und in Verhandlungen mit den Steuerberatern und Anwälten das Vertragswerk final beschlossen. Diese Vereinbarung war neben den Zahlen des Betriebes aus der Vergangenheit und dem umfassenden Unternehmenskonzept von Martin von der Linden schließlich die Grundlage für die positiven Finanzierungsentscheidungen: Die Bürgschaftsbank NRW gab die Zusage, das Vorhaben von Martin von der Linden maßgeblich mitzufinanzieren und stellte die notwendigen Bürgschaften und damit die Sicherheiten für die Finanzierung durch die Hausbank. Nach intensiver Vorbereitung konnte der Betrieb im Jahr 2024 an Martin von der Linden übergehen.

Unterstützung durch den Übergeber


Entscheidend für die positive Bewertung des Vorhabens durch die Banken war auch die weitere Beschäftigung des bisherigen Inhabers Frank Boss. Für eine Übergangszeit von zwei Jahren und mit reduziertem Umfang übernimmt Frank Boss weiterhin wichtige Aufgaben im Betrieb. Dies ermöglicht dem Neuinhaber, sich ganz auf das Geschäft konzentrieren und bei Bedarf auf die jahrelange Erfahrung und Unterstützung durch Frank Boss zurückgreifen zu können. „Die Auftragslage und Perspektiven sind aktuell hervorragend – trotz der Unsicherheit in der Bauwirtschaft“, sagt Martin von der Linden. „Ich bin den richtigen Schritt gegangen. Sehr viele Dinge kenne ich als Praktiker schon aus meiner Lehrzeit. Ich sehe aber auch die Weiterentwicklung und das besondere Herangehen der Kollegen.“ Um den Erfolg seines Unternehmens zu sichern, will sich Martin von der Linden auch in Zukunft den Rat und die Expertise der betriebswirtschaftlichen Beratung der Handwerkskammer einholen.

„Ich bin den richtigen Schritt gegangen. Sehr viele Dinge kenne ich als Praktiker schon aus meiner Lehrzeit. Ich sehe aber auch die Weiterentwicklung und das besondere Herangehen der Kollegen.“

Martin von der Linden


Tuning für Autos und Karriere

Ursprünglich wollte sich Michael Hammerschmidt erst in fünf bis sechs Jahren selbstständig machen. Allerdings wurde die Situation bei seinem damaligen Arbeitgeber so schlecht, dass er sich entschloss, etwas zu verändern. Zunächst schaute er sich auf dem Arbeitsmarkt nach freien Stellen um. „Allerdings bot man mir nur Jobs an, die mich nicht vollständig erfüllt hätten und ohne Aussicht auf persönliche Entwicklungsmöglichkeiten waren“, erinnert sich der passionierte Autoschrauber. „Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Arbeitgeber Ideen ihrer Mitarbeiter entweder nicht schätzen oder grundsätzlich kein Interesse an Mitsprache haben.“ Da blieb für den Autoliebhaber nur eine Lösung: Die Selbstständigkeit früher als geplant umzusetzen.

Ich liebe meinen Beruf und könnte den ganzen Tag an meinen Autos tüfteln.

Michael Hammerschmidt

Den passenden Standort finden

Die Eröffnung seiner eigenen Kfz-Werkstatt im Jahr 2021 fiel in die Hochphase der Corona-Beschränkungen. Statistiken zeigen, dass in dieser Zeit die Zahl der Neugründungen deutlich zurückgingen. Grund dafür: Viele Menschen waren verunsichert und nahmen Abstand von ihren unternehmerischen Plänen. Anders Michael Hammerschmidt: „Genau solche Herausforderungen liebe ich. Ich wollte mich unbedingt beweisen. Außerdem mussten Autos ja auch während der Corona-Beschränkungen repariert werden.“ Dennoch: Erste Schwierigkeiten ergaben sich bei der Suche nach einem passenden Standort. „Ich war lange auf der Suche in Unternehmensbörsen und auf Anzeigenportalen im Internet. Doch fast alle Standorte hatten einen Haken.“ Schließlich musste Michael Hammerschmidt Kompromisse eingehen: Über das Internet fand er eine Halle, die nicht vollständig seinen Vorstellungen entsprach und daher zunächst umgebaut und neu eingerichtet werden musste. „Nach dem ersten Kontakt war ich unsicher, ob der Vermieter mit meinen Plänen einverstanden sein und mich nehmen würde. Aus vorangegangenen Erfahrungen dachte ich auch, dass ohne eine direkte Zusage keine Chance für die Anmietung bestünde. Umso überraschter und erfreuter war ich als ich die Zusage erhalten hatte.“

Ohne Unterstützung geht es nicht

Bei der Finanzierungsplanung und dem weiteren Vorgehen holte sich Michael Hammerschmidt bei der Handwerkskammer Düsseldorf Hilfe. Im Rahmen der Gründungsberatung erarbeitete er unter anderem gemeinsam mit seinem Berater einen Businessplan. Damit konnte der angehende Unternehmer die Meistergründungsprämie und KfW-Startgeld-Darlehen bei der Hausbank beantragen. „Tolle Unterstützung habe ich auch von meiner Lebensgefährtin erhalten, die mir im kaufmännischen Bereich unter die Arme gegriffen hat. Freunde und Verwandte haben mir zudem beim Umbau der Halle geholfen – so konnte ich Geld sparen.“

Klein anfangen und stetig wachsen

Dank der Planung und Unterstützung ist Michael Hammerschmidt gut in die Selbstständigkeit gestartet und konnte sich auf dem Markt behaupten. Dies macht es ihm möglich, in sein Unternehmen zu investieren und es weiterzuentwickeln. Um mehr Platz in der Werkstatt zu haben und mehr Aufträge annehmen zu können, wurde die neben seinem jetzigen Standort liegende Halle angemietet. „Die neuen Räume renoviere ich gerade aufwendig. Zudem muss eine neue Hebebühne angeschafft werden.“ Und auch sonst, hat der Unternehmer – neben seiner Werkstatttätigkeit – viel zu tun: „Mein Ziel ist es, die Betriebsorganisation zu verbessern. Denn aus seiner Sicht verbringe er noch zu viel Zeit mit Rechnungen schreiben und Material besorgen. „Bei mir wird’s auf jeden Fall nicht langweilig“, sagt Michael Hammerschmidt. „Vom Porsche 928, über Ferrari bis zum Audi R8 wird bei mir alles repariert und restauriert. Ich suche junge Leute, die – wie ich – einfach Spaß am Schrauben haben.“

Beratungsthemen HWK Düsseldorf: Nachfolge, Businessplan, Meistergründungsprämie NRW


Ein buntes Spektrum an Themen

Nach ihrer erfolgreich abgelegten Gesellenprüfung war Stephanie Jahrke etwa zwei Jahre im Familienbetrieb beschäftigt. Sie sagt: „Es zeigte sich schnell, dass mein Vater und ich sehr ähnliche Charakterzüge haben: dickköpfig und wenig flexibel. Zum damaligen Zeitpunkt war deshalb an eine mögliche Übernahme des Unternehmens nicht zu denken.“ Sie wechselte zunächst den Arbeitgeber, arbeitete 13 Jahre lang im Verkauf und lernte damit einen durchaus wichtigen Perspektivwechsel kennen, der heute von Vorteil ist. Um einige Berufserfahrung reicher ging sie 2019 zurück in den Familienbetrieb. „Die Rückkehr war ganz klar an die Absicht geknüpft, den Familienbetrieb zu übernehmen – der Zeitpunkt war jedoch vollkommen unbestimmt“, erklärt sie. Das Ziel vor Augen legte sie ihre Meisterprüfung ab. „Danach wird bestimmt die Übernahme des väterlichen Betriebs erfolgen“, dachte sie. Doch es tat sich erst einmal – nichts! Vater und Tochter glaubten, dass sich der Führungswechsel schon irgendwie ergeben würde.

Reden hilft

„Mein Vater und ich hatten jeweils unsere eigenen Vorstellungen davon, wie die Nachfolge auszusehen hat. Wir haben immer wieder über diesen Schritt gesprochen, aber dabei nie einen konkreten Ablauf oder einen Zeitpunkt festgelegt, der für beide Seiten verbindlich sein sollte“, gibt Stephanie Jahrke zu.  Der erste Kontakt zur Betriebsberatung der Handwerkskammer Düsseldorf erfolgte im Jahr 2020. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aufgrund der zähen Abstimmungen beschlossen, die Übernahmepläne zu beenden und stattdessen eine Neugründung zu starten“, sagt Jahrke voller Emotionen. „Ich wollte einfach nicht mehr warten! Eine viel spätere Übernahme machte für mich keinen Sinn – dann hätte ich ja selbst schon fast an meine Rente denken müssen“, ergänzt sie augenzwinkernd. Mit Unterstützung der Handwerkskammer Düsseldorf wurden zunächst wichtige betriebswirtschaftliche Aspekte einer Selbstständigkeit, mögliche öffentliche Fördermittel und die Herangehensweise zur Erstellung eines Businessplans vorgestellt. „Neben der Vermittlung verschiedener fachlicher Informationen, standen immer auch der offene Austausch, das Zuhören sowie das Abwägen der Vor- und Nachteile einer Neugründung im Vergleich zur familieninternen Übernahme im Fokus der Gespräche. Diese ganz unabhängige und neutrale Sicht der Dinge empfand ich als sehr wertvoll und reflektierend“, erwähnt sie lobend. „Außerdem wurde mir in diesen Gesprächen immer klarer, dass es nicht die eine, von allen präferierte und allumfassende, Lösung gibt, sondern, dass eine ganze Palette an Themen geklärt und immer wieder neu beurteilt werden muss. Heute weiß ich, dass dies alles Zeit braucht und Ungeduld ein schlechter Ratgeber ist.“

Es gibt nicht die eine, von allen präferierte und allumfassende, Lösung, sondern eine ganze Palette an Themen, die geklärt und immer wieder neu beurteilt werden muss. Heute weiß ich, dass dies alles Zeit braucht und Ungeduld ein schlechter Ratgeber ist.

-Stephanie Jahrke

Verbindlichkeit schafft Sicherheit

Durch die laufende Auseinandersetzung mit ihrem Businessplan wurde Stephanie Jahrke immer zielsicherer. Und dank ihrer neu gewonnenen Souveränität wurden auch die Übernahmegespräche innerhalb der Familie plötzlich wieder konkreter, sodass im Jahr 2023  – pünktlich zum 35-jährigen Firmenjubiläum – die bevorstehende Übernahme durch die Tochter offiziell verkündet werden konnte. Dies schaffte bei Mitarbeitenden, Kunden und letztlich auch der Familie Jahrke ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Mit Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags im Jahr 2024 wurde die Übernahme schließlich rechtlich bindend. Stephanie Jahre fasst für sich zusammen: „Wichtig war mir, meinen Eltern versichern zu können, dass ich sie niemals hängen lassen werde. Mit dem am Ende sehr klaren Übernahmeplan und dem Kauf des Familienunternehmens habe ich – anders als etwa bei einer Schenkung – nicht das andauernde Gefühl, etwas schuldig bleiben zu müssen. Mittlerweile hat sich mein Vater mit seiner neuen Rolle arrangiert und steht als sehr wertvoller und erfahrener fachlicher Berater hinter mir.“

Mit dem am Ende sehr klaren Übernahmeplan und dem Kauf des Familienunternehmens habe ich – anders als etwa bei einer Schenkung – nicht das andauernde Gefühl, etwas schuldig bleiben zu müssen.

Stephanie Jahrke


Nachhaltiges Friseurerlebnis

Wo es geht, verzichtet Madeleine Wilmkes in ihrem Salon auf Einmalartikel und bemüht sich um Recyclingmöglichkeiten. Beispielsweise arbeitet sie mit einem Unternehmen zusammen, welches die vielfach im Salon anfallenden Aluminiumabfälle – wie Alufolien und Farbtuben – recycelt. Um die Brillenbügel ihrer Kundinnen und Kunden beim Färben zu schützen, hat sie zudem Schutzbügel aus Silikon angeschafft. Auch das Schnitthaar wird nicht einfach im Müll entsorgt. „Wir schicken die Haare an ein Start-Up-Unternehmen, welches menschliche Haare nutzt, um daraus Filterkissen zu bauen“, so die Friseurmeisterin. „Mit diese können dann Ölteppiche aus unseren Weltmeeren gefiltert werden.“ Dass die Pflegeprodukte, die sie im Salon verwendet darüber hinaus vegan und frei von Tierversuchen sind, ist für Madeleine Wilmkes selbstverständlich.

Ich bin dankbar für Möglichkeit meiner persönlichen Entwicklung und wachse mit jeder Herausforderung.“

-Madeleine Wilmkes

Wellness für Zwischendurch

Doch nicht nur das gute Gewissen spielt eine Rolle im Salon ‚mw Friseure‘. „Meine Kundinnen und Kunden sollen sich in entspannter Atmosphäre zurücklehnen und ein angenehmes Ambiente genießen.“ Dafür sorgt die komfortable Salon-Ausstattung, an der Madeleine Wilmkes nicht gespart hat: In bequemen Liegesesseln können Kundinnen die frisch aufgetragene Haarfarbe unter Infrarot-Wärmelampen einwirken lassen. Diese spenden wohlige Wärme am ganzen Oberkörper und sorgen so für eine entspannte Wartezeit. Wellness-Atmosphäre verschaffen zudem Raumluft-Diffusoren mit ätherischen Ölen, die für einen angenehmen Duft sorgen und zudem gesundheitsfördernd wirken sollen. „Auf diese Idee hat mich meine Freundin gebracht, die nebenberuflich als Vertriebspartnerin für einen Duftölhändler tätig ist.“ Geräuscharme Föhne komplettieren die Wohlfühl-Ausstattung, um die sich eingestellte Entspannung bei der Kundschaft nicht zu stören, die nebenbei werbefreier Hintergrundmusik lauschen kann.

Ohne Unterstützung geht es nicht

Das alles klingt nahezu perfekt. Doch auch Madeleine war in der Phase ihrer Unternehmensgründung nicht frei von Zweifeln. „Es gibt nie den perfekten Zeitpunkt für eine Gründung. Ich selbst bin Mutter mit einem Kleinkind, da sind Sorgen und Zweifel ganz normal.“ Was ihr geholfen hat: Der Glaube an ihre Vision und die Unterstützung durch die Familie. „Ich hatte das große Glück, dass mein Mann immer an meiner Seite stand. Er hat mich bei Zweifeln motiviert und andersherum auch gebremst, wenn ich mich übernehmen wollte.“ Einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg leistet auch ihr Team, welches sie in nächster Zeit mit neuen Kolleginnen oder Kollegen aufstocken will: „Meine Mitarbeiterinnen sind die Basis dafür, dass das Geschäft gut läuft. Ich bin stolz darauf, dass unser Team so gut funktioniert. Das strahlen wir auch gegenüber unserer Kundschaft aus und erhalten dafür tolles Feedback.“ Um die Mitarbeiterzufriedenheit zu fördern, lädt Madeleine ihre Mitarbeiterinnen regelmäßig zu Teamevents ein und räumt ihnen bei wichtigen Entscheidungen, wie Neueinstellungen, ein Mitspracherecht ein. Damit alle fachlich up-to-date sind, besuchen die Angestellten regelmäßig Weiterbildungen und Schulungen, die sie sich individuell aussuchen dürfen. Privat ist die Familie das Wichtigste für Madeleine Wilmkes. Daher legt sie auch als Unternehmerin großen Wert auf Work-Life-Balance. „Wenn es erst einmal nach den eigenen Vorstellungen und Ideen läuft, weiß man, dass der Schritt in die Selbstständigkeit jede Mühe wert war“, resümiert Madeleine Wilmkes.


Lieblingsbrille in Wuppertal

In ihrem Ladenlokal, der “Lieblingsbrille“ an der Friedrich-Ebert-Straße in Wuppertal, erwartet die Kunden eine große Auswahl an modischen Brillenmodellen. Mit der Eröffnung zum 1. September 2023 haben sich die beiden Gründerinnen einen Traum erfüllt. „Wir freuen uns riesig über die tolle Resonanz unserer Kunden.“ erzählt Corinna Fackiner. Der Wunsch sich selbstständig zu machen begleitete sie schon eine Weile und verstärkte sich noch, nachdem sie im Jahr 2018 die Meisterschule erfolgreich abgeschlossen hatte. Unterstützt und motiviert wurde sie dabei von ihrer Kollegin und späteren Geschäftspartnerin Eleni Sdirou.

„Wir hatten den Wunsch nach einer Veränderung und Weiterentwicklung.“

-Eleni Sdirou

Dass sich sowohl die Persönlichkeiten als auch die Fähigkeiten der beiden Gründerinnen voneinander unterscheiden, ist dabei ihre besondere Stärke. Eleni Sdirou und Corinna Fackiner sind ein eingespieltes Team und kennen die Stärken und Schwächen der jeweils anderen sehr gut. So können sie sich in verschiedenster Art und Weise unterstützen und ergänzen sich optimal. 

Der Weg

Bereits Ende 2022 begannen die Gründerinnen mit der Suche nach einem passenden Ladenlokal. Auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit mussten sie aber auch einige Rückschläge hinnehmen. Zunächst wollten sie den Betrieb ihres Arbeitgebers übernehmen, doch dieser Plan zerschlug sich. Vermeintlich passende Standorte stellten sich als Fehlgriff heraus und der Businessplan musste überarbeitet werden. Jedoch hatte keines dieser Hindernisse nachhaltige Auswirkungen auf den Traum der beiden Gründerinnen, sich mit einem eigenen Augenoptikgeschäft selbstständig zu machen. Zu guter Letzt wurden sie im Luisenviertel fündig und konnten endlich richtig loslegen. „Der Standort passt für uns perfekt und wir fühlen uns sehr wohl hier im Viertel“, berichtet Corinna Fackiner.

Von der Brille zur Lieblingsbrille

In der Lieblingsbrille erhalten die Kunden nicht nur qualitativ hochwertige Brillengestelle und Gläser sowie den besten Service durch die moderne technische Ausstattung, sondern sie können dank der offenen Werkstatt sogar beim Perfektionieren ihrer individuellen Brille zusehen. Die Gründerinnen sorgen mit großer Leidenschaft zum Detail und höchstem Handwerksgeschick dafür, dass die Wünsche Ihrer Kunden erfüllt werden. „Von der Qualität der Brillengläser über das Material der Brillengestelle bis zu Gewicht und Haptik müssen alle Faktoren individuell abgestimmt werden.“ erklärt Corinna Fackiner und ihre Kollegin ergänzt: “Am Ende soll es schließlich eine Lieblingsbrille werden.”


Tradition trifft Moderne

Die Selbstständigkeit wurde Benedikt Andler in die Wiege gelegt: Ausgestattet mit einer ordentlichen Portion Zielstrebigkeit und Unternehmergeist erlebte er in der Familie von Kindesbeinen an mit, was es bedeutet, Unternehmer zu sein. „Ich fühlte mich eigentlich immer schon in der Lage, die Verantwortung für einen eigenen Betrieb zu übernehmen“, so der 28-Jährige.

„Als klar war, dass meine Mutter sich als Chefin in absehbarer Zeit aus dem Betrieb zurückziehen würde, rückte das Thema Betriebsübernahme in den Fokus“, erinnert sich Benedikt Andler. „Zunehmend wurde ich in unternehmerische Entscheidungen eingebunden – etwa, ob der Pachtvertrag für die Backstube verlängert oder aber in ein angrenzendes Grundstück plus Neubau investiert werden sollte.“ Für den damals Anfang 20-Jährigen keine einfach zu überblickende Ausgangslage.

„Ich brauchte eine neutrale Person, die mir erklärt, wie es wirtschaftlich um die Bäckerei steht und die mir bei der Risikoeinschätzung hilft.“ 

Benedikt Moritz Andler

Die Unterstützung bekam er bei der betriebswirtschaftlichen Beratung der Handwerkskammer – ehrlich und unverblümt. „Mein Berater machte mir klar, dass ich mich mit der Investition in einen Neubau finanziell hoch belaste und ich dies auf lange Sicht nur stemmen könne, wenn die Bäckerei produktiver würde.“ Dass der Betrieb in betriebswirtschaftlicher Hinsicht deutlichen Optimierungsbedarf hatte, machte die Entscheidung nicht einfacher. Immer wieder traf sich Ben deshalb mit seinem Berater und diskutierte unterschiedliche Szenarien. „Zwischenzeitlich stand sogar zur Debatte neu zu gründen statt die Nachfolge anzutreten.“ Letztendlich entschied sich die Familie aber dafür, den Pachtvertrag fortzuführen und nahm so Druck aus der Angelegenheit. Ben nutzte die Zeit bis zum Ausscheiden seiner Mutter, um den Betrieb zukunftsfähig aufzustellen. Er entwickelte neue Produkte und Geschäftsideen und schaffte es so, eine wirtschaftlich stabile Übernahme möglich zu machen.

„Ich bin stolz darauf, die Familientradition fortzuführen“

Benedikt Moritz Andler

Regional ist das neue Cool

Wichtige Eckpfeiler in seinem Geschäftskonzept: Regionalität und Nachhaltigkeit. „Ich bin in der heimischen Landwirtschaft gut vernetzt und beziehe von dort Rohstoffe, wie Milch, Eier und Dinkel. Aber auch saisonales Obst für unsere Erdbeer- und Pflaumenkuchen.“ Die Ackerbohnen als Eiweißquelle für das von ihm kreierte Ackerbohnenbrot baut Benedikt Andler sogar selber an – gemeinsam mit einem befreundeten Landwirt. „Wir waren die erste Bäckerei in Deutschland, die ein Brot mit 40 Prozent Ackerbohnenanteil entwickelt hat. Mittlerweile verzichten wir auch bei unseren anderen Produkten auf importiertes Soja und setzen ganz auf die heimische Eiweißpflanze.“ Auch beim Thema Nachhaltigkeit geht Benedikt mit der Zeit: „Grundsätzlich versuchen wir immer nur die Menge zu backen, die wir auch verkaufen. Wir freuen uns deshalb, wenn die Kunden vorbestellen. Sollten dennoch Backwaren übrig bleiben, frieren wir Brote ein und spenden sie an gemeinnützige Organisationen. Oder sie werden getrocknet als Tierfutter verwertet.“

Das Brot kommt zum Kunden

Eine besondere Herausforderung für die Kelzenberger Bäckerei ist, dass sie kein Filialnetz betreibt und mit ihrem Standort im Gewerbegebiet keine klassische Laufkundschaft anzieht. „Zu unserer Vermarktungsstrategie gehörte daher schon immer die Belieferung der Kunden mit einem eigenen Marktfahrzeug auf den Wochenmärkten der Region.“ Das allein reicht heutzutage aber nicht mehr aus. Deshalb vertreibt Benedikt seine Backwaren auch deutschlandweit über Online-Plattformen und den eigenen Webshop – allen voran das Kelzenberger Vollkornbrot, das es sogar ins Sortiment einiger Supermärkte geschafft hat. „In Hofläden sind wir hingegen mit solchen Backwaren vertreten, die einen Bezug zu den auf den Höfen angebauten Produkten haben – wie Apfelstollen, Kürbisstuten oder Spargelbrot.“ Immer wieder erschließt der junge Bäckermeister auch neue Absatzmärkte. Für Liebhaber des typisch amerikanischen Frikadellen-Genuss kooperiert er aktuell mit einer Metzgerei, die neben Fleischpatties auch frisch gebackenen Burger-Buns der Kelzenberger Bäckerei anbietet.

Herausforderung Fachkräftemangel

Auf die ersten Jahre seine Selbstständigkeit blickt Benedikt zu Recht mit Stolz zurück. Er hat die ersten Hürden gemeistert, wertvolle Kontakte geknüpft und dem Betrieb seine Handschrift verliehen. Doch wie viele Unternehmer sieht auch er sich schon mit der nächsten Herausforderung konfrontiert: dem Fachkräftemangel. „Es ist aktuell schwierig, gute Mitarbeitende zu finden und vor allem langfristig zu halten. Aber ich stelle mich auch dieser Aufgabe und blicke zuversichtlich in die Zukunft.“


Herz für Holz

Nach sechs Jahren als Werkstattleiter und einem Abendstudium zum Betriebswirt des Handwerks stand 2022 die Übernahme an – und damit begannen neue Herausforderungen: Wie bemisst man den Wert einer Tischlerei mit neun Mitarbeitenden und einigen Auszubildenden, die seit 40 Jahren am Standort besteht? Gelingt der Wandel vom Kollegen zum Vorgesetzten? Den Unternehmenswert und Kaufpreis objektiv zu bestimmen, war nicht ganz leicht.

„Aus heutiger Sicht hätte ich mir bereits zu diesem Zeitpunkt Beratung holen sollen.“

-Markus Viehler

Als es um die Finanzierung des Kaufpreises ging, begann er mit Hilfe seiner Ehefrau Jasmin, den Businessplan zu erstellen. Zu diesem Zeitpunkt fand er auch Hilfe bei der Betriebsberatung der Handwerkskammer. „Ich war begeistert, wie kompetent ich hier unterstützt wurde. In einem angenehmen Austausch mit den Beratern konnte ich immer weiter am Finanzierungsplan arbeiten und hatte nie das Gefühl, nur eine Nummer zu sein. Zum Glück konnte ich Förderprogramme des Landes NRW beantragen, die eine große Hilfe bei der Finanzierung waren.“

Für die Zukunft ausbilden

Als er schließlich am 1.1.2023 die Tischlerei übernahm, war er heilfroh, die Bürokratie hinter sich gebracht zu haben. „Toll war, dass alle Mitarbeiter bei mir geblieben sind und mich als Chef gut akzeptiert haben.“ Besonders stolz ist er auf seine zahlreichen Auszubildenden: „Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es sehr wichtig, die Mitarbeitenden im Unternehmen selbst auszubilden. Wir haben die Kapazität für sechs Ausbildungsplätze für Bau- und Möbeltischlerinnen und -tischler, wobei wir zwei Plätze pro Lehrjahr anbieten. Darüber hinaus bilden wir eine Kauffrau bzw. einen Kaufmann für Büromanagement aus. Die Qualität unserer Ausbildung und das gute Betriebsklima sprechen sich wohl herum – unsere Ausbildungsplätze sind heiß begehrt und werden jedes Jahr schnell vergeben.“

Kniffliges Zeitmanagement

Knapp ein Jahr nach der Übernahme steht Markus Viehler trotzdem noch vor vielen Herausforderungen: „Ich hatte viele Pläne, Dinge zu verändern, aber nun fehlt mir die Zeit – ich suche noch immer nach einer neuen Werkstattleitung, die mich auf meiner ehemaligen Position ersetzt“. Dabei hat er mit seinem Team schon einiges geschafft: Die Homepage wurde komplett erneuert, die Tischlerei bekam eine moderne, neue Gestaltung, und gerade wurde einheitliche Berufsbekleidung für alle Mitarbeitenden bestellt.

„Neue Ideen entwickeln wir immer im Team.“

-Markus Viehler

Auch das Thema Nachhaltigkeit wird im Betrieb großgeschrieben: Holzabfälle werden gehäckselt, um damit im Winter zu heizen. Zur Lackierung der Möbel werden lösungsmittelfreie Lacke verwendet und Fenster werden recycelt.  Nun soll noch in die Digitalisierung investiert werden, damit die Kommunikation zwischen Werkstatt und Büro optimal läuft.

Danach gefragt, ob er nochmals eine Betriebsübernahme oder eher eine Neugründung präferieren würde, resümiert er: „Größere Projekte sind zwar nach wie vor herausfordernd. Ich würde dennoch immer dazu raten, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen – man kann auf ein funktionierendes System aufbauen!“