Obwohl die 42-jährige, gelernte Fotografin das Geschäft schon seit ihrer Ausbildung kannte und 18 Jahre Berufserfahrung mitbrachte, war ihr nicht mehr ganz wohl bei der Sache. „Ich hatte Angst, von den Umsätzen nicht mehr leben zu können.“ Zudem würde sie in Zukunft die Verantwortung für drei Auszubildende und eine Gesellin tragen. Per Videokonferenz erstellte Elisabeth Harbecke im Lock-Down in enger Abstimmung mit der Beraterin der Handwerkskammer ihren Businessplan und plante die einzelnen Schritte bis zur Betriebsübernahme. Immer wieder wurde die Umsatzplanung neu diskutiert, denn es war nicht klar, wie sich Corona entwickeln würde. Vor allem die „Umsatzbringer“ Hochzeits- und Portraitfotos wurden von den Kunden auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch Elisabeth Harbecke blieb zuversichtlich.
„Die engmaschige Beratung hat mir in der extrem schwierigen Planungsphase sehr geholfen.“
– Elisabeth Harbecke
Aufgepasst beim Mietvertrag
Inzwischen ergaben sich zusätzliche Probleme: Die technische Beraterin der Handwerkskammer hatte das Studio besichtigt und festgestellt, dass seitens des Vermieters keine Unterlagen zur Baugenehmigung des Gewerbeobjekts vorhanden waren. So musste Akteneinsicht bei der Baubehörde beantragt werden, um festzustellen, ob eine Nutzungsgenehmigung als Fotografenbetrieb besteht. Auch der Brandschutz, die Lüftung sowie die energetischen und die arbeitsstättenrechtlichen Gegebenheiten wurden dem kritischen Blick der HWK unterzogen.
Top vorbereitet ins Bankgespräch
Nachdem der Businessplan fertiggestellt war und die Entwürfe des Kauf- und Mietvertrags vorlagen, konnten alle Unterlagen zur Beantragung eines Kredits bei der Hausbank eingereicht werden. „Ich hatte großen Respekt vor dem Bankgespräch und war dann ganz überrascht, dass keine einzige Rückfrage kam“. Die penible Vorbereitung zur Finanzierung der Übernahme hatte sich also ausgezahlt!
„Sich Zeit lassen ist ganz wichtig“
– Elisabeth Harbecke
Der erste Tag – und wieder Lockdown
Am 1. Januar 2021 konnte sie dann endlich das Fotostudio übernehmen, doch die Behörden hatten schon wieder einen Lockdown verfügt. Zum Glück konnte Elisabeth Harbecke Kurzarbeitergeld für die Mitarbeitenden beantragen. Im Verlauf der ersten Monate nach der Übernahme kam es dann zu häufigen Krankenständen der Mitarbeitenden – „das war keine einfache Phase“. Inzwischen ist sie besonders stolz, die schwere Zeit mit dem Team gemeistert zu haben: „Einer meiner Auszubildenden hat seine Gesellenprüfung sogar gerade als Jahrgangsbester bestanden.“
Die Tipps der Übernehmerin
„Vor einer geplanten Übernahme im Handwerk sollte auf jeden Fall die Beratung der Handwerkskammer in Anspruch genommen werden. Wichtig ist, den Standort gut zu prüfen und auch den Mietvertrag zu checken, am besten mit fachlicher Unterstützung! Dabei sollte man sich ausreichend Zeit lassen, das ist ganz wichtig! Von der Vorbereitung bis zur Übernahme habe ich ein ganzes Jahr benötigt. Bei der Auswahl der passenden Hausbank und einer Steuerberaterin oder eines Steuerberaters sollte man darauf achten, dass beides vor Ort ist, das erspart weite Wege. Und: Ein gutes Netzwerk mit den richtigen Leuten ist Gold wert – so kann man beispielsweise Aufträge, die man selbst zeitlich nicht schafft, an Netzwerkpartner weiterempfehlen und umgekehrt.”
„Zu guter Letzt möchte ich allen Mut machen: Es ist auf jeden Fall sinnvoll, ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen!“
– Elisabeth Harbecke